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Pressemitteilungen

Leibrenten und Diäten - Generaldebatte

Die Stellungnahmen von Pöder, Degasperi, Heiss, Urzì, Leitner, Bottamedi und Klotz

Zu Beginn fragte Andreas Pöder, ob die Sitzung am Freitag unterbrochen werden könne, weil an jenem Tag eine wichtige Tagung auf Schloss Prösels stattfinde, bei der auch LH Kompatscher anwesend sein werde. Präsident Diego Moltrer verneinte dies.

Andreas Pöder (gemischte Fraktion) kritisierte, dass die Mehrheit mit ihren Gesetzentwürfen die Gelder (212.000 Euro pro Kopf) jener Abgeordneten retten wolle, die 2008 erstmals gewählt wurden. Dies sei eine Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Abgeordneten. Er fragte die “Obermoralisten” des PD, warum Regionalpräsident Rossi und andere ihre 212.000 Euro behalten dürften. Gerade diese Leute seien in den vergangenen Monaten mit erhobenem Zeigefinger herumgelaufen. Die Mehrheit gehe diese Frage nicht an, weil sie keine Koalitionskrise riskieren wolle. Hier offenbarten sich Scheinmoral und Scheinheiligkeit. Man wolle ihn nun dazu erpressen, seine Änderungsanträge zurückzuziehen, indem man das Rentenalter auf 66 Jahre erhöhen wolle. Dagegen habe er aber nichts. Er wolle nur verhindern, dass die Obermoralisten ihr Geld behalten dürften, während sie von allen anderen die Rückgabe forderten. In den Gesetzentwürfen der Mehrheit seien verfassungswidrige Bestimmungen drin, daher werde man in zwei, drei Jahren den Super-GAU erleben. Die Verantwortung dafür würde nicht Präsident Moltrer tragen, sondern vor allem die beiden Landeshauptleute. Im Unterschied zu den anderen Abgeordneten sei bei Rossi & Co. nichts gekürzt worden. Diese hätten den Eindruck verbreitet, als hätten die Altmandatare etwas gestohlen, aber niemand habe Geld zu Unrecht erhalten. Dass diese Gesetze annulliert werden, sei sicher, denn da würden rechtmäßige Verträge und geltende Gesetze ohne wirtschaftliche Notwendigkeit aufgehoben - die Region habe nämlich Geld übrig. Pöder kritisierte Oswald Schiefer, der die Abweisung des Rekurses gegen das Gesetz von 2012 als Anlassjustiz gebrandmarkt habe. Er verteidigte die Altmandatare, die mehr geleistet hätten als viele, die vor dem Regionalrat protestierten, oder als jene Abgeordnete, die im Protest mit einstimmten, aber ihre eigenen Gelder behalten wollten.

Filippo Degasperi (5 Sterne Bewegung) wunderte sich, dass viele das Gesetz von 2012, das ja fast einstimmig verabschiedet worden sei, nun als Schweinerei bezeichneten. Sehr konsequent sei auch das Präsidium nicht gewesen, das drei Monate gebraucht habe, um die Zahlen zu veröffentlichen - nach einer Anfrage seiner Fraktion. Degasperi sprach sich gegen die Gesetzentwürfe der Mehrheit aus, die die würden das alte Gesetz nicht aus der Welt schaffen, sondern nur interpretieren. Mit diesen werde die Leibrente weiterhin als Vorsorge eingestuft, was im Widerspruch zu einschlägigen Bestimmungen sei, gleichzeitig würden Privilegien gegenüber den Normalbürgern weiter bestehen bleiben. Die Beibehaltung eines Vorsorgesystems setze voraus, dass aktive Abgeordnete für die Rentenempfänger einzahlen - das könne nicht funktionieren, wenn die Abgeordneten ihre Beiträge zurückbezahlt bekämen. Normalbürger hätten kein Anrecht auf vorzeitige Rückzahlung der Beiträge, auch könnten sie nicht vor dem vorgeschriebenen Rentenalter in Pension gehen. Seine Bewegung schlage mit einem Abänderungsantrag vor, diese Gesetze, die nun verabschiedet werden sollen, einer Volksabstimmung zu unterziehen. Degasperi kritisierte auch die Rückzahlung der Vorschüsse in Raten und ohne Zinsen - auch ein Privileg gegenüber Normalbürgern.

Zur Rentenfrage sei bisher bereits alles gesagt worden, auch das, was man nie hätte sagen sollen, meinte Hans Heiss (Grüne). Die Bürger seien von der Debatte bereits erschöpft, das Vertrauen in die Politik zerstört. Die Grünen forderten in dieser Frage die Einhaltung einiger Prinzipien: Transparenz, keine Vorschüsse, voller Solidaritätsbeitrag, keine Senkung des Renteneintrittsalters, Deckelung der Rentenbeträge. In diese Richtung gebe es bisher nur zaghafte Schritte. Diese Frage müsse schnell und sauber gelöst werden, damit man sich wieder den wichtigeren Themen zuwenden könne, den Anliegen der Bürger. Bereits in den 90-er Jahren habe Cristina Kury die Abschaffung der Leibrenten gefordert, seit 2004 habe es Fortschritte bei der Kürzung der Entschädigungen gegeben, 2007 seien die Leibrenten auf Antrag der Grünen auf das Beitragssystem umgestellt worden. Seitdem sei aber auch der Druck auf Senkung der Bezüge noch weiter gewachsen, auch durch staatliche Vorgaben. Ziel der Reform von Präsidentin Rosa Thaler sei eine totale Abschaffung der Leibrenten, die Kürzung der bestehenden Renten und die Senkung der Bezüge gewesen - die Amtsentschädigungen seien von 14.000 auf 10.500 Euro brutto gesenkt worden. Damit sei man italienweit führend gewesen. Der Ausrichtung nach sei die Reform ein Fortschritt gewesen, der Sprengsatz sei aber bei der Umsetzung gezündet worden. Niemand, auch die Grünen nicht, habe dies mit der nötigen Aufmerksamkeit verfolgt. Das Augenmerk mancher Präsidiumsmitglieder auf die eigenen Interessen und die nach und nach durchsickernden Details hätten schließlich dazu geführt, dass der Regionalrat als Selbstbedienungsladen wahrgenommen werde. Die Grünen hätten eine Reihe von Abänderungsanträgen vorgelegt, die die Abgeordnetenvorsorge ein Stück weiter an das Rentensystem der Normalbürger annähere: einen vertretbaren Abzinsungsfaktor und deutlichere Abzüge bei den Vorschüssen. Bei den Altmandataren müsse man zwischen zwei Kategorien entscheiden: Jene, die etwa bereits nach einer halben Legislatur und schon mit 50 Jahren die Leibrente beziehen können, und jene nach der Reform von 1996. Beide aber seien noch privilegiert gegenüber jenen, die 2008 neu in den Regionalrat gewählt wurden und denen Pöder nun das Geld nehmen wolle. Die Vorschüsse von 212.000 seien zwar nicht akzeptabel, der Betrag sei aber nicht jener große Skandal, als den ihn Pöder und Urzì ausspielten. Pöder und Kollegen hätten das Vierfache davon ausbezahlt bekommen. Der wahre Skandal liege außerhalb des Regionalrats - die Verarmung der Bevölkerung in dieser langen Krise.

Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) warnte vor einem Gesetz, das nur auf Demagogie und Populismus beruhe. Das Gesetz von 2012 habe Einsparungen gebracht, und Präsident Moltrer selbst befürchte Mahrausgaben durch die heutige Reform, wenn nämlich viele Altmandatare für das alte System optieren würden. Es gebe in dieser Frage zwei Kategorien von Abgeordneten, jene, die auf die Leibrenten zählen können, und jene, für die das neue beitragsbezogene System gelte. Wer sein Leben der Allgemeinheit gewidmet habe, habe ein Anrecht auf ein Mindestmaß an Altersabsicherung. Sonst könnten sich nur Reiche, Angestellte oder Protegierte in die Politikwagen. Selbständige würden durch den Rost fallen. Die allermeisten Abgeordneten im Saal seien in dieser oder in der vorigen Amtsperiode in den Landtag gewählt worden. Der Rechnungshof halte Einschnitte bei den sog. erworbenen Rechten für zulässig, aber immer nach den Grundsätzen der Vernünftigkeit und Angemessenheit. Wenn der Regionalrat nun weitere Einsparungen wolle - was er unterstütze -, dann müsse er gerecht vorgehen. Den Altmandataren würden mit den vorliegenden Entwürfen bis zu 46 Prozent gekürzt und das Renteneintrittsalter von 55 auf 66 erhöht. Bei jenen, die 2008 erstmals gewählt wurden, ziehe man nichts ab.

Als einer der Dienstältesten im Saal wollte Pius Leitner (Freiheitliche) die Geschichte der Renten und Diäten rekapitulieren und wiederholte eingangs seine Forderung, das Vergütungssystem endlich an die Landtage zu übertragen. Er erinnerte an seinen Beschlussantrag von Anfang 1994, also kurz nach der Wahl, der die Abschaffung von Leibrenten, Tagegeld und anderen Vergütungen forderte. Einiges sei abgeschafft worden: das Begräbnisgeld, die kostenlose Autobahn, das 13. Gehalt und anderes. Darin habe er bei Kollegin Kury Unterstützung gefunden. Eine anständige Bezahlung sei wichtig für ein freies Mandat, in Deutschland gelte dafür das Fünffache eines Arbeitergehalts als Maß. Er habe dem Gesetz von 2012 zugestimmt, weil insgesamt eingespart wurde und die Leibrenten abgeschafft wurden. Er stimme weiteren Einsparungen zu, aber es müsse eine politische Lösung sein, die politisch halte. Wer radikale Forderungen stelle, müsse sich dem Vorwurf stellen, überhaupt keinen Einschnitt zu wollen. Die Regionalratspräsidenten hätten lange die Veröffentlichung der Bezüge verweigert, auch deswegen sei der Skandal erst jetzt aufgeflogen. Leitner kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Medien, die nur mehr den Skandal und nicht mehr die Wahrheit suchten. Niemand habe etwas gestohlen, das habe auch LH Kompatscher einräumen müssen. Interessanterweise habe die lauteste Zeitung verschwiegen, dass auch ihr Herausgeber einen Rentenvorschuss bezogen habe. Bezüglich der 212.000 Euro für die Neugewählten von 2008 wies Leitner darauf hin, dass deren Regelung von 2007 stamme, und fragte, ob die mit der vorliegenden Interpretation zum Gesetz von 2012 geändert werden könne. Er sei für die Rückforderung der ausgezahlten Beträge, diese sollten aber in ein Haushaltskapitel fließen, nicht in einen Fonds.

Manuela Bottamedi (5 Sterne Bewegung) verteidigte sich gegen den Vorwurf des Populismus und der Scheinheiligkeit durch Leitner und Urzì. Ihre Fraktion und Abg. Borga seien die einzigen, die ihr Recht auf Gesetzesinitiative wahrgenommen hätten. Mit ihrem Rekurs vor dem Verwaltungsgericht hätten sie nicht das Gesetz, sondern die Verwaltungsakte des Präsidiums annullieren wollen. Das Verwaltungsgericht habe übrigens nicht in der Sache entschieden, sondern den Rekursstellern das Recht dazu abgesprochen. Bottamedi zitierte ausführlich das Gutachten des Verfassungsrechtlers Imposimato, wonach eine rückwirkende Kürzung möglich sei, wenn es um ungerechtfertigte Vorteile gehe. Das Gesetz von 2012 habe sehr wohl Einsparungen gebracht, aber auch ungerechtfertigte Anhäufungen von Beträgen.

Eva Klotz (Süd-Tiroler Freiheit) bestätigte den Überblick Leitners über die Geschichte der Leibrenten. Mit dem Gesetz von 2012 seien 6 Mio. Euro eingespart worden. Gleichzeitig mit diesem Betrag sei auch erstmals klar gesagt worden, dass es sich bei den bekannten Beträgen nicht um Vorschüsse, sondern um Abzinsungen handle. Kompatscher und Rossi hätten dies über Monate verschwiegen. Rossi und Kollegen sollten nicht nur bis zu den Gemeinderatswahlen 2015 denken. Stattdessen hätten sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht und nicht an die Rekurse der Altmandatare gedacht. Durch die neuen Änderungen erhoffe sich die Mehrheit weniger Rekurse - Klotz fragte, aufgrund welcher Verhandlungen mit den Altmandataren. Sie habe bereits vor zehn Jahren die Voraussetzungen für die Höchstrente gehabt, aber sie sei geblieben, weil es ihr um die Sache gehe.Die Sitzung wird um 15 Uhr wieder aufgenommen.