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Pressemitteilungen

Debatte zum Haushalt der Region

In der Debatte zu den Haushaltsgesetzen ging der Regionalrat vor allem auf das Verfassungsreferendum und seine Folgen für die Autonomie ein.

Der Regionalrat wurde für heute und morgen einberufen, um über vier Punkte zum Haushalt von Region und Regionalrat für 2017 zu beraten:
1. Gesetzentwurf Nr. 86: Entwurf des regionalen Begleitgesetzes zum Stabilitätsgesetz 2017 der Region (eingebracht von der Regionalregierung);
2. Gesetzentwurf Nr. 87: Regionales Stabilitätsgesetz 2017 (eingebracht von der Regionalregierung);
3. Beschlussfassungsvorschlag Nr. 45: Aktualisierungsbericht zum Wirtschafts- und Finanzdokument der Region (WFDR) 2017-2019 (eingebracht von der Regionalregierung) und Gesetzentwurf Nr. 88: Haushaltsvoranschlag der Autonomen Region Trentino-Südtirol für die Haushaltsjahre 2017-2019 (eingebracht von der Regionalregierung);
4. Beschlussfassungsvorschlag Nr. 44: Genehmigung des Haushaltsvoranschlages des Regionalrates für die Finanzjahre 2017-2018-2019 (eingebracht vom Präsidium des Regionalrats).

Vor Beginn der Debatte meldete sich Maurizio Fugatti (Lega Nord) zum Fortgang der Arbeiten zu Wort, um den Ausgang des Verfassungsreferendums zu kommentieren. Im Trentino hätten sich Landesregierung, Bürgermeister, und Bezirkspräsidenten auf die Seite des Ja gestellt und seien vom Volk delegitimiert worden. Rossi habe auf das Ja gesetzt und sollte daher nun zurücktreten. Fugatti verlangte eine eigene Debatte zum Thema.
Präsident Thomas Widmann bat darum, das Thema in die Generaldebatte zu verlegen, dort gebe es Gelegenheit dazu genug.

Die soeben abgelehnte Verfassungsreform hätte für Italien eine Zentralisierung bedeutet, erklärte Arno Kompatscher, Präsident der Region, in seiner programmatischen Rede, für uns aber hätte es eine Absicherung und eine Chance bedeutet. Die Beziehungen zwischen Bozen und Trient seien derzeit bestens, man habe gemeinsam in Rom stark auftreten können und man habe gemeinsam in der Europaregion eine Schließung der Brennergrenze verhindert. Diese Europaregion bildete nun auch gegenüber Brüssel eine lebendige Realität. Die Reform des Statuts müsse auf jeden Fall im Einvernehmen mit Österreich erfolgen, das gerade einen großen Befürworter unserer Autonomie zum Präsidenten gewählt habe.
Der Haushaltsvoranschlag der Region, der für 2017 304 Mio. Euro umfasse biete im wesentlichen Kontinuität. Kompatscher ging anschließend auf einzelne Schwerpunkte des Haushalts ein, die Maßnahmen zugunsten der Familien, die Zusatzrenten, die Zuwendungen zugunsten der Gemeinden, die ein Projekt des Zusammenschlusses vorantreiben, die Ausgaben für die Justiz, sowohl für die Tätigkeit der Friedensgerichte als auch für die administrative und technische Unterstützung aller Gerichtsämter u.a.m.

Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) sah die Haushaltsrede Kompatschers als Synthese aller Fehler, die die Mehrheit beim Referendum gemacht habe. Kompatscher habe eingeräumt, dass die Verfassungsreform die Autonomie der anderen Regionen beschnitten hätte, aber dass das uns weniger berühre - mit dieser Einstellung habe man alle Regionen ohne Sonderstatut gegen uns aufgebracht, und das werde sich in Zukunft bemerkbar machen. Ganz Italien sehe unsere Autonomie heute mit Verachtung. Vor allem Südtirol mit seinem Ja zur Reform stehe in Italien heute schwächer da als je zuvor. Bozen hingegen habe Nein gesagt und damit den Bürgermeister delegitimiert. Delegitimiert sei auch der Autonomiekonvent. Das Parlament müsse über eine Reform der Autonomie entscheiden, und es sei nicht gesagt, dass es weiter eine autonomiefreundliche Mehrheit haben werde.
In seiner Rede habe Kompatscher nie die Region erwähnt, nur die beiden Provinzen, es stehe wenig Konkretes drin. Vor allem fehle ein Entwurf für die Zukunft der Region.

Maurizio Fugatti (Lega Nord - Forza Italia) sah den Ausgang des Referendums ebenfalls im Lichte der Frage, welche Zukunft die Region, die beiden Provinzen und die Autonomie insgesamt haben würden. Im Trentino hätten sich alle Verantwortungsträger, Landesregierung, Bürgermeister, aber auch Verbände und Gewerkschaften für das Ja ausgesprochen und seien vom Volk widerlegt worden. Es sei eine klare Niederlage für Mitte-Links im Trentino, und Rossi müsste deshalb zurücktreten. Die Euregio sei am Flüchtlingsproblem nicht gewachsen, sondern weiter zerbröckelt.

Giacomo Bezzi (Lega Nord - Forza Italia) gratulierte der SVP, die ihr Ziel erreicht habe. Das unterschiedliche Ergebnis in Bozen und Trient zeige aber auch, dass die Autonomie nur durch historische Gründe geschützt sei, nicht durch eine gute autonome Verwaltung, und das bedeute, dass der Schutz für Südtirol gelte und nicht für das Trentino. Die Aufspaltung der Region sei schließlich das Ziel der SVP. Der Einsatz für das Ja aus Bozen und Trient habe jedenfalls ganz Italien dazu gebracht, unsere Autonomie zu hassen. Es werde Jahre brauchen, diesen Schaden zu beheben.

Rodolfo Borga (Amministrare e Civica Trentina) stellte fest, dass die Trentiner Rossi nicht mehr vertrauten, auch wenn Kompatscher Wahlkampfhilfe geleistet habe. Im Trentino wie in ganz Italien habe man mit dem Herzen, nicht mit dem Bauch gewählt. Sie hätten die zentralistische Reform erkannt und die Absicht, alle Macht in aller Hand zu vereinen. Nach diesem Ergebnis werde auch die Reform des Statuts in Frage gestellt. Borga forderte schließlich die Streichung von einigen Bestimmungen aus dem Finanzgesetz: die Senkung des Quorums für Gemeindefusionen, die Übertragung von 250 Mio. Euro vom Regionalrat an die Region u.a.

Das wirtschaftliche und politische Chaos werde in Italien auch nach dem Referendum bleiben, meinte Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit). Wirtschaftsexperten wie Stieglitz und Sinn rechneten mit einem Ausstieg Italiens aus dem Euro. Italiens Wirtschaft sei nicht wettbewerbsfähig, es werde kurzfristig zu Neuwahlen kommen, und die EU-Skeptiker würden gewinnen. Die Auflösung der EU werde schwer abzuwenden sein. Mit ihrer Treue zu Renzi habe die Landesregierung dem Land einen Bärendienst erwiesen, man werde einen schlechten Draht zu den nächsten Regierungen haben. Daher sollte man gemeinsam ein Ausstiegsszenario erstellen wie Schottland oder Katalonien.

Claudio Cia (Lega Nord - Forza Italia) zeigte sich erfreut über den Ausgang des Referendums. Renzis Wahlgeschenke hätten die Bürger nicht umstimmen können. Wie Renzi vertrete auch Rossi nicht mehr die Bevölkerung, und auch er habe die Wahl auf seine Person bezogen. Deshalb sollte er wie Renzi auch zurücktreten. Nach diesem Ergebnis könne man bei der Reform des Statuts mehr wagen, auch wenn die beiden Provinzen beim Referendum anders gewählt hätten.

Andreas Pöder (BürgerUnion - Team Autonomie) bezeichnete Kompatscher und Renzi als De-facto-Paar, aber nun sei plötzlich die Braut weg. Nun sei eine neue Braut zu suchen, aber es könne sein, dass Kompatscher wegen seinem Ja nicht mehr so willkommen sei - die Folgen trage Südtirol, während das Trentino sich mit seinem Volksentscheid gerettet hat.  Der Neid Roms auf Südtirol sei größer geworden, und es gebe keinen Plan B nach Renzi. Man habe auf das falsche Pferd gesetzt. Das Ja zur zentralistischen Reform werde Kompatscher und Rossi in Rom als Nein zur Autonomie ausgelegt werden. Kompatscher und Rossi hätten unser Land mit einer schweren Hypothek belastet. Die Bilanz der Regierung Renzi sei mäßig, es hätte keinen Grund gegeben, sich so eng an sie anzulehnen.

Pius Leitner (Freiheitliche) bezeichnete die “Wir”-Form in Kompatschers Rede als Illusion, denn die Positionen in Trient und Bozen gingen weit auseinander. Er kritisierte die Unterstellung, ein Präsident Norbert Hofer hätte die Autonomie nicht unterstützt. Die SVP maße sich immer an, für Südtirol zu sprechen, und in diesem Fall habe sie dem Land einen großen Schaden zugefügt. Auch die Medien, vor allem die öffentlichen, hätten einseitig dem Ja Platz gegeben. Eigenartigerweise habe es Südtirol nun den Italienern zu verdanken, dass die Autonomie geschützt wurde. Hofer werde als Rechtspopulist verschrien wie alle, gegen die gegen den europäischen Zentralismus seien. Wenn es den Linken in Europa nicht gefalle, wie ein Staat wähle, dann gebe es Sanktionen. Südtirol habe es verabsäumt, Italien zu erklären, dass die Autonomie ein Recht und nicht ein Privileg ist. Auf diesen Staat könne man sich längerfristig nicht verlassen, daher sollte man einen neuen Weg einschlagen.

Die Sitzung wird um 14.30 Uhr wieder aufgenommen.