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Autonomiestatut und Renzi-Memorandum, Gemeindefusionen und Milchpulver
Vor Beginn der Arbeiten fragte Abg. Simoni, warum bei bestimmten Anlässen am Regionalratsgebäude nicht die italienische Fahne ausgehängt wird. Sven Knoll bezeichnete dieses Ansinnen als inakzeptabel. Präsidentin Chiara Avanzo kündigte an, dass das Thema demnächst in den zuständigen Gremien besprochen werde. Alessandro Urzì kritisierte Knolls Äußerungen.
Der Regionalrat hat heute eine Reihe von Gemeinde-Zusammenschlüssen zurückgewiesen Beschlussvorschläge 20-23 auf der Tagesordnung), da sich die betroffene Bevölkerung nicht mehrheitlich für den Zusammenschluss ausgesprochen hat: Albiano Lona Lases, Civezzano Fornace, Rendena Terme und Tesino (Namen der geplanten Großgemeinden). Bei der letzten Regionalratssitzung habe man die Fusionen genehmigt, die von der Bevölkerung befürwortet wurden, erklärte Ass. Josef Noggler. Auch mit der heutigen Ablehnung von Zusammenschlüssen komme man nur dem Willen der Bevölkerung nach.
Anschließend stand ein Gutachten zu vier Verfassungsgesetzentwürfen auf der Tagesordnung, mit denen die Senatoren Zeller u. Kollegen Änderungen am Autonomiestatut sowie am Verfahren zu dessen Änderung vorschlagen.
Der erste Entwurf sieht eine Übertragung der Zuständigkeit für die Gemeinden von der Region an die beiden Länder vor, der zweite eine Erweiterung des Minderheitenschutzes für die Ladiner, der dritte peilt eine Vollautonomie an, der vierte schlägt ein neues Verfahren zur Änderung des Statuts vor.
Ugo Rossi, Präsident der Region, plädierte für eine Vertagung der vier Punkte, man wolle diese Reformen innerhalb einer Gesamtreform des Statuts angehen.
Rodolfo Borga (ACT) kritisierte die Vertagung. Er verstehe, dass sich die Mehrheit angesichts dieser Themen spalten würde, aber dem Regionalrat dürfe eine Diskussion über solch grundlegende Themen nicht vorenthalten werden. Die Debatte zum ersten Punkt sei eröffnet, daher sollte nun auch darüber diskutiert werden. Er kritisierte Präsidentin Chiara Avanzo, die über die Vertagung abstimmen lassen wollte. Diese antwortete mit einem Verweis auf die Geschäftsordnung.
Andreas Pöder (Team Autonomie-BürgerUnion) plädierte gegen eine Vertagung, auch wenn die gegenständlichen Entwürfe derzeit in Rom wenig Chancen hätten. Der Regionalrat solle seine Meinung dazu sagen.
Ugo Rossi wies darauf hin, dass die Mehrheit zur Frage der Gemeindekompetenzen bereits ihre Meinung geäußert habe, und der Regionalrat habe den entsprechenden Antrag am 17. Juni 2015 angenommen.
Der Antrag Rossis wurde mit 32 Ja und 21 Nein angenommen, die vier Punkte wurden vertagt.
Mit einem Beschlussantrag forderten die Freiheitlichen die Aushändigung des Einvernehmensmemorandums mit Rom. Es handle sich um jenes Papier, dass Kompatscher und Rossi Ministerpräsident Renzi bei seinem Bozen-Besuch im Frühjahr überreicht hätten, erklärte Pius Leitner. Es sei behauptet worden, die Forderungen, die darin an Rom gestellt wurden, seien bereits publik, aber der Regionalrat habe das Recht, dies zu überprüfen.
Mit derselben Begründung plädierten auch Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) und Hans Heiss (Grüne) für den Antrag. Die Verweigerung von Dokumenten mache offenbar "Schuler" scherzte Andreas Pöder (TA-BU). Unterstützung kam ebenfalls von Rodolfo Borga (ACT) und Alessandro Urzì (gemischte Fraktion).
Auch Präsident Ugo Rossi sprach sich für den Antrag aus, im Einvernehmen mit den Gesprächspartnern des Treffens. Es handle sich aber mehr um ein politisches Dokument als einen offiziellen Akt, es sei ein Fahrplan für die Umsetzung von bekannten Forderungen.
Ein Memorandum sei üblicherweise mehr als eine Aufzählung von Forderungen, meinte Pius Leitner (Freiheitliche). Die Aushändigung an die Abgeordneten sei die Voraussetzung, damit diese ihrer Überwachungspflicht nachkommen könnten.
Der Antrag wurde einstimmig angenommen.
Die Abgeordneten Civettini, Borga und Cia haben einen Beschlussantrag vorgelegt, um den Regionalausschuss zu verpflichten, sich für den Schutz unserer hochwertigen Agrar-Lebensmittelproduktion einzusetzen, damit infolge der Mahnung der Europäischen Kommission das seit 1974 aufgrund des Gesetzes Nr. 138 geltende Verbot für die Haltung und Verwendung von Milchpulver, Kondensmilch und rekonstituierter Milch für die Erzeugung von Milchprodukten nicht aufgehoben wird.
Regionalpräsident Ugo Rossi sprach sich gegen die Zulassung des Antrags aus, da die Materie in die Zuständigkeit der beiden Provinzen falle.
Rodolfo Borga (ACT) bezeichnete es als durchaus zulässig, wenn der Regionalrat ein für die Bevölkerung wichtiges Thema bespreche.
Es sei kein Gesetzentwurf, sondern ein Beschlussantrag, bemerkte Andreas Pöder (TA-BU), es gehe darum, dass der Regionalrat zu einem Thema Stellung beziehe.
Dem stimmten auch Marino Simoni (PT) und Massimo Fasanelli (ACT) zu. Das Thema sei wichtig, es gehe um den Schutz der regionalen Produkte.
Inhaltlich stimme er mit dem Antrag überein, erklärte Ugo Rossi, aber er hätte mehr Sinn, wenn er in den Landtagen eingebracht würde. Die Regionalregierung habe kein Amt, das für Milchprodukte zuständig wäre. Um aber nicht falsch verstanden zu werden, ziehe er seinen Antrag zur Zulässigkeit zurück.
Diese genannten Milchderivate seien eine Gefahr für die Gesundheit, aber auch für den Absatz der heimischen Milchprodukte, erläuterte Borga seinen Antrag (auch unter Zwischenrufen von Präsident Rossi).
Andreas Pöder dankte Rossi für die Rücknahme seines Antrags zur Zulässigkeit, damit habe man einen Konflikt vermieden. Borgas Antrag habe seine Berechtigung, der Regionalrat beschäftige sich schon öfters mit Dingen, für die er streng genommen nicht zuständig wäre.
Graziano Lozzer (PATT) bezeichnete das Thema als von parteiübergreifendem Interesse. Auch der PATT sei am Brenner gewesen, als gegen die Einfuhr von Milchprodukten protestiert wurde, und ohne das Thema auf die eigenen Fahnen zu schreiben. Er werde dem Antrag zustimmen.
Massimo Fasanelli bezeichnete den Antrag als unterstützenswert, unabhängig davon, wer ihn vorgebracht habe. Alle heimischen Produkte müssten vor unlauterer Konkurrenz geschützt werden.
Riccardo Dello Sbarba kündigte das Ja der Grünen an. Der Antrag ziele nicht nur auf den Schutz der heimischen Produkte ab, sondern auch auf den Schutz der Gesundheit, die durch solche Billigprodukte gefährdet sei, bei denen man nicht wüsste, was sie enthielten. Der Antrag enthalte auch einen wichtigen Verweis auf das Handelsabkommen TIPP, das Gesundheitsauflagen untergraben werde. Der Verweis auf die Russland-Sanktionen sei aber fehl am Platz, wobei die Grünen nichts mit Putin am Hut hätten.
Maurizio Fugatti (Lega Nord) freute sich über die breite Zustimmung im Saal, aber entscheidend sei, was in Brüssel passiere. Dort würden gutgemeinte Vorschläge normalerweise versanden, weil die Lobbys bestimmten, was zu geschehen habe. In Europa herrsche eine liberalistische Ideologie, und das sei zu ändern.
Auch wenn der Regionalrat nicht zuständig sei, Signale seien immer wichtig, meinte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP). Lobbyisten der Konzerne würden die europäische Gesetzgebung beeinflussen, das sei bekannt. Eine Region möchte ihre Lebensmittelproduktion erhalten und ihr Verständnis von Qualität, und das sei unterstützenswert.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) bedauerte, dass die Länder und Regionen kaum mehr Zuständigkeiten hätten. Die EU sollte sich auf Außenpolitik, Währung und wenig anderes beschränken. Die Länder und Regionen sollten mehr entscheiden können, auch um lokale Produktion und Wirtschaftskreisläufe erhalten zu können.
Claudio Cia (PT) erinnerte an das italienische Verbot der Milchpulverproduktion. Es seien nun die Produzenten und die Konsumenten, die eine Beibehaltung dieses Verbots forderten.
Walter Blaas (F) sprach sich ebenfalls für die Beibehaltung der geltenden Bestimmungen aus. Milch solle weiterhin ein gesundes Lebensmittel bleiben.
Die Arbeiten werden am Nachmittag wieder aufgenommen.