Pressemitteilungen
Debatte über Verfassungsreform
Beschlussantrag Nr. 35, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Civettini, Cia und Borga, um den Regionalausschuss zu verpflichten, bei den gesamtstaatlichen und lokalen Spitzenvertretern der RAI darauf zu drängen, dass man sich schrittweise von allen Fernsehprogrammen distanziert, die mit verschiedenen Gewinnspielen und Rateshows dazu beitragen, die Spielsucht zu verbreiten.
“Während sich nämlich einerseits die Provinz Trient und die Provinz Bozen, die Region und viele andere Körperschaften sowie die lokalen und gesamtstaatlichen Vereinigungen mit viel Einsatz den Problemen widmen, die vom Glücksspiel verursacht werden, scheint es fast paradox, dass andererseits auf den Sendern der RAI Gewinnspiele und Rateshows ausgestrahlt werden - überdies in den allen Altersgruppen zugänglichen Sendezeiten -, welche die illusorische Idee des "leichten Gewinns" verbreiten und sicher nicht zur Aufwertung unserer Intelligenz beitragen”, erklärte Erstunterzeichner Claudio Civettini (Amministrare e Civica Trentina).
Claudio Cia (Lega Nord - Forza Italia) unterstützte den Antrag, zweifelte aber an den Absichten der Trentiner Landesregierung in dieser Sache. Immerhin habe sie durch das Glücksspiel hohe Steuereinnahmen. Das Glücksspiel sei eine soziale Plage, und man müsse vor allem alles tun, damit die Jugend ihm nicht verfalle. Die öffentliche Verwaltung müsse sich entscheiden, ob sie für oder gegen das Glücksspiel sei, und dann auch konsequent sein.
Das Anliegen werde grundsätzlich geteilt, erklärte Dieter Steger (SVP) mit Verweis auf das einschlägige Landesgesetz. Zu diesem Thema habe die Region keine Zuständigkeit, trotzdem könne man den Antrag als Orientierung unterstützen.
Auch Ugo Rossi, Vizepräsident der Region, stimmte dem zu. Die Region sei nicht zuständig, aber es sei richtig, hier ein Signal zu setzen.
Marino Simoni (PT) kündigte ebenfalls seine Zustimmung an, nutzte aber die Gelegenheit, um auf den schlechten Empfang der Rai-Programme in Teilen der Region hinzuweisen.
Claudio Civettini dankte für die breite Zustimmung.
Der Antrag wurde mit 41 Ja und 2 Enthaltungen genehmigt.
Gesetzentwurf Nr. 71: Änderungen und Ergänzungen zum Regionalgesetz vom 9. Juli 2008, Nr. 5 betreffend „Regelung der Aufsicht über die genossenschaftlichen Körperschaften“ mit seinen späteren Änderungen (eingebracht vom Regionalausschuss). Mit diesem Gesetzentwurf wird ein Erkenntnis des Verfassungsgerichts berücksichtigt, das Bestimmungen der Region zum Genossenschaftswesen (die Voraussetzungen für Rechnungsprüfer) für nicht verfassungskonform erklärt hat, wie Vizepräsident Ugo Rossi ausführte. Ebenso werde auf neuere staatliche und europäische Normen - zur Rechnungslegung und zu den Energiegenossenschaften - eingegangen.
Walter Viola (PT) wies auf die Bedeutung der Rechnungsprüfung für Genossenschaften hin, in der Vergangenheit sei ganze Dörfer verlassen worden, wenn die lokale Genossenschaft in Konkurs gegangen sei. Die Genossenschaften seien ein herausragendes Merkmal beider Provinzen, insofern hätte er sich gegenüber Rom ein mutigeres Gesetz erwartet, auch vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, in der sich manche Genossenschaften befänden. Die Kontrolle sei nicht eine lästige Pflicht, sondern ein Schutz für die Genossenschaftsmitglieder.
Auch Florian Mussner (SVP) hob den Wert der Genossenschaften für Gesellschaft und Wirtschaft in unserer Region hervor. Oft hätten Genossenschaften eine Entvölkerung der Berggebiete verhindert. Die Raiffeisenkassen seien, trotz der Schwierigkeiten einzelner, immer solide geblieben, auch weil es ein effizientes internes Kontrollsystem gebe. Die nun vorgeschlagenen Änderungen sehe er jedenfalls als Stärkung des Genossenschaftswesens und der Autonomie.
Vizepräsident Ugo Rossi stellte eine Tagesordnung zum Gesetzentwurf vor, mit dem eine bessere Koordinierung der Revision mit Region und Provinzen ermöglicht werden solle. Die Tagesordnung wurde bei 3 Enthaltungen angenommen.
Die Artikeldebatte verlief weitgehend ohne Stellungnahmen.
Walter Viola (PT) wies in seiner Stimmabgabeerklärung auf die besondere Bedeutung des Genossenschaftswesen in einer Zeit hin, in der der Individualismus immer mehr in den Vordergrund trete.
Dieter Steger (SVP) kündigte die Unterstützung für diesen Gesetzentwurf an. Das Genossenschaftswesen habe auch Südtirol ein ganzes Stück weiter gebracht. Dessen Kontrolle müsse immer mit Blick auf das öffentliche Gut gesehen werden, aber im Vergleich innerhalb des Wirtschaftsgefüges habe man in das Genossenschaftswesen ein großes Vertrauen.
Er wäre glücklicher gewesen, wenn das Genossenschaftswesen an die beiden Ländern übergegangen wäre, meinte Pius Leitner (Freiheitliche). Man sollte jenen, die sich in diesem Bereich einsetzen, keine zusätzlichen Hürden auferlegen.
Der Gesetzentwurf wurde mit 43 Ja bei 8 Enthaltungen genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 39, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Köllensperger, Degasperi, Fugatti, Bezzi, Heiss und Dello Sbarba, um Maßnahmen zu ergreifen, damit der Schienengüterverkehr wieder belebt werde und den Regionalausschuss zu verpflichten, Ressourcen bereitzustellen, damit der Vorschlag der „Rollenden Landstraße“ zwischen Italien und Deutschland auch durch die Einführung wettbewerbsfähiger Preise mit Unterstützung der öffentlichen Hand gefördert werde. “Um das Ziel der Verlagerung auf die Schiene zu erreichen, ist es erforderlich, neue Impulse für das kommerzielle Angebot dieses Dienstes durch die Einführung von wettbewerbsfähigen Preisen, die dank Unterstützung der öffentlichen Hand gesichert werden können, zu finden”, erklärte Köllensperger (5 Sterne Bewegung). “ln Österreich wird diese Verkehrspolitik seit Jahren erfolgreich betrieben, wie die Daten belegen. Bis zum Jahr 2008 hat auch die Provinz Trient den Dienst mit 33 Euro pro LKW subventioniert. Die Investition auch die einzig notwendige, da die Infrastruktur seit Jahren in Betrieb ist.”
Unterstützung für den Antrag kam sowohl von Vizepräsident Ugo Rossi wie auch von Hans Heiss (Grüne) und Dieter Steger (SVP). Rossi wies darauf hin, dass der Antrag mit einigen Änderungen, die er begrüßte, präzisiert wurde. Heiss gab trotz Zustimmung zu bedenken, dass die RoLa nicht das idealste Transportmittel ist. Steger wies darauf hin, dass die Region bereits die Mittel zur Unterstützung zur Verfügung stellt.
Der Antrag wurde mit 33 Ja und 3 Enthaltungen genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 40, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Pöder, Blaas und Oberhofer mit dem Titel „Verfassungsreferendum: Nein zur Verfassungsreform der Regierung Renzi, Nein zur Schwächung der Autonomie, Nein zur Stärkung des Zentralstaates“.
“Durch die Verfassungsreform wird die bisherige mit einfachem Staatsgesetz geltende Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis quasi in den Verfassungsrang erhoben und somit zu einem Autonomie-Killerwerkzeug”, meinte Andreas Pöder (BürgerUnion). “Der Staat kann damit in allen Bereichen im nationalen Interesse Gesetze beschließen und aktiv werden, die nicht ausdrücklich der Region oder den Provinzen vorbehalten sind, im Falle unserer Region in all Jenen Bereichen, die nicht ausdrücklich im Autonomiestatut als ausschließliche Befugnisse der Region oder der Provinzen festgeschrieben sind.” Pöder kritisierte die Erklärung von Udine, mit der sich zahlreiche Bürgermeister hinter die Reform stellten und die auch Kompatscher und Rossi unterschrieben hätten. Die Sicherheitsklausel werde nicht halten.
Er traue Renzis Leuten wenig, meinte Rodolfo Borga (ACT) zur Sicherheitsklausel. Wenn die Verfassungsreform durchgehe, müsse man das Autonomiestatut überarbeiten. Danach werde man ein neues Statut in einer zentralistischen Verfassung haben, das sei kein Fortschritt. Man sollte stattdessen darauf setzen, dass die alte, regionalistische Verfassung bleibt und innerhalb dieser die Reform das Statuts angehen. Die Verfassungsreform sei den Aufwand nicht wert, sie spare nur 20-30 Mio. Euro an Politikkosten ein.
Die Verfassungsreform sei ein Problem für Südtirol, erklärte Pius Leitner (Freiheitliche), der die Unterschrift unter das Dokument von Udine ebenso wie die SVP kritisierte, die nun ihre Ortsobleute zum Ja vergattere. Auch das angekündigte Wahlgesetz könne er als Demokrat nicht akzeptieren. Dieses sei ein Geschenk an die SVP, da eine 20-Prozent-Hürde andere Parteien verhindere.
Laut Gianfranco Zanon (PT) hat die Verfassungsreform nur das Ziel, die Macht der Zentralregierung zu stärken. Konkurrierende Zuständigkeiten von Staat und Regionen würden dem Staat zugeschlagen. Der Senat werde entmachtet, auch dadurch, dass seine Mitglieder mit jeder Regionalrats- und Bürgermeisterwahl wechseln.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte an den Schulterschluss mit Vertretern anderer Unabhängigkeitsbewegungen zur Ablehnung der Reform. Diese sprächen von einem Handstreich gegen die Autonomien und Minderheiten, sähen in der Reform aber auch innere Unstimmigkeiten, die zu Rechtsstreitigkeiten führen würden. Schwerwiegend sei auch die Durchsetzung des nationalen Interesses gegen den Willen der betroffenen Regionen.
Maurizio Fugatti (Lega Nord - Forza Italia) äußerte Zweifel zur Sicherheitsklausel, die wenig genau sei. Beim Reformvorschlag von 2006 hätte man ein dauerhaftes Vetorecht gehabt, aber die Mehrheit in der Region habe sich beim Referendum gegen jene Reform ausgesprochen. Die heutige Schutzklausel zwinge hingegen zur Überarbeitung des Statuts, ohne dass ein Einvernehmen in Sicht sei. Außerdem werde die zentralistische Reform den Neid der Regionen ohne Sonderstatut verstärken. Es sei besser, auf die jetzige Verfassung zu setzen und die Reform des Statuts später anzugehen, mit einer anderen Regierung.
Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung) zitierte eine frühere Schrift von Renzi, in der dieser die Abschaffung der Sonderautonomien angekündigt hatte. Ähnliche Äußerungen gebe es von Ministerin Boschi. Die Reform ziele im Wesentlichen auf Zentralismus und Schwächung einer Kammer des Parlaments, der Rest sei Marktgeschrei. Der Senat werde zum Freizeitclub der Bürgermeister, die Gesetzgebung damit nicht schneller, denn meistens werde mit Regierungsdekreten regiert. Es gehe also nur um die Zentralisierung der Macht. Mit dem neuen Wahlgesetz und dem unbedeutenden Senat werde Renzi die SVP nicht mehr brauchen. Köllensperger zweifelte an der Sicherheitsklausel, es sei unwahrscheinlich, dass Italien zwei Verfassungen auf seinem Staatsgebiet akzeptieren werde.
Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) verteidigte die Möglichkeit zur Durchsetzung des nationalen Interesses. Ein gesunder Regionalismus brauche sich davor nicht zu fürchten. Dennoch gebe es zahlreiche Gründe, gegen die Reform zu sein. Diese sei eine Gefahr für die Demokratie, vor allem in Verbindung mit dem Wahlgesetz, das der stärksten Partei 55 Prozent der Sitze zuerkenne. Das sei wenig verwunderlich bei einem Ministerpräsidenten, der nicht vom Volk gewählt, sondern vom Staatspräsidenten, einem historischen Vertreter der Linken, eingesetzt wurde.
Vizepräsident Ugo Rossi machte darauf aufmerksam, dass der Antrag nicht umsetzbar sei. Der Regionalrat könne nicht eine Reform ablehnen, über die das Volk erst entscheiden müsse. Die Sicherheitsklausel sei auf Druck der Regionen mit Sonderstatut eingefügt worden, mit Zustimmung der anderen Regionen. Daher glaube er nicht, dass sie die Klausel gegen die Sonderautonomien richten werde. Der Präsident Venetiens habe heute gesagt, dass die Sonderregionen Interesse an dieser Reform hätten, weil sie dann gegen Übergriffe aus Rom geschützt seien. Einen hundertprozentigen Schutz werde es nie geben, aber die Schutzklausel sei mehr, als man bisher habe.
Man sollte von Fakten ausgehen, nicht von Meinungen, mahnte Dieter Steger (SVP). Er äußerte formale Bedenken zum Antrag. Zum Referendum würden alle Parteien den Bürgern ihre Empfehlungen übermitteln wollen, daher wäre es unpassend, wenn der Regionalrat vorgreifen würde. Pöder sollte den Antrag zurückziehen. Alle sähen in der zentralistischen Reform ein Problem, andererseits bekomme man mit der Schutzklausel etwas, was man bisher nicht hatte. Damit könne man sich ohne Angst an die Reform des Statuts wagen.
Andrea Pöder wollte seinen Antrag nicht zurückziehen und verwies darauf, dass bereits Rossi und Kompatscher mit ihrer Unterschrift unter das Dokument von Udine bereits dem Referendum vorgegriffen hätten. Er legte außerdem einen Änderungsantrag vor: Der Regionalrat lehne diese Reform zum Schaden der Autonomie ab.
Bruno Dorigatti (PD) meinte, dass es nicht Aufgabe eines Parlaments sei, eine Empfehlung abzugeben zu einer Frage, die dem Volk gestellt werde. Er selbst aber werde beim Referendum mit Nein stimmen, auch wegen den Auswirkungen auf die Autonomie.
Rodolfo Borga (ACT) respektierte Dorigattis Standpunkte, plädierte aber dennoch für eine Abstimmung. Nach den beiden Landeshauptleuten dürfe wohl auch der Regionalrat Stellung nehmen.
Claudio Cia (Lega Nord - Forza Italia) meinte, dass Zweifel an der Reform berechtigt seien, wenn es dazu eine Sicherheitsklausel brauche. Er vertraue Renzi nicht, er habe erst wieder von einer Vereinheitlichung aller Dienste auf dem Staatsgebiet gesprochen. Für die Senkung der Politikkosten brauche es keine Verfassungsreform, das gehe auch einfacher.
Arno Kompatscher, Präsident der Region, lud dazu ein, das Dokument von Udine zu lesen: Dies sei keine Zustimmung zur Reform, sondern unterstreiche das Prinzip des Einvernehmens. Er sprach sich dagegen aus, dass ein Parlament mit Mehrheitsbeschluss eine Wahlempfehlung für ein Referendum abgibt. Er selbst werde wegen der Schutzklausel, die eine große Errungenschaft sei, mit Ja stimmen.
Kompatscher habe als Präsident der Region ein Dokument unterschrieben, das die Sonderregionen nicht als separate Einrichtungen, sondern als Teil des Ganzen bezeichne, erklärte Pöder in seiner Replik. Das sei ein Werbespot für die Reform. Damit hätten er und Rossi den Pariser Vertrag zerrissen.
Der Antrag wurde in geheimer Abstimmung mit 17 Ja, 32 Nein und 2 Enthaltungen abgelehnt.
Der Regionalrat tritt im November wieder zusammen.