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Kein “Cavaliere” für Tito
Begehrensantrag Nr. 12, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Leonardi, Kaswalder, Vallazza, Ossanna und Vettori, mit dem die italienische Regierung aufgefordert wird, den Widerruf des Verdienstordens der Italienischen Republik „Großkreuz mit großer Ordenskette“, der dem als Tito bekannten Josip Broz verliehen worden ist, zu beantragen.
Giorgio Leonardi (Forza Italia) erinnerte daran, dass er ein Diktator war, der sich zahlreicher Verbrechen schuldig gemacht hat und dass eine Ehrung für ihn nicht einmal in Betracht gezogen werden sollte. Wir müssen zusammen mit dem Staat eine aktive Rolle übernehmen, um einen Schritt zurück in diese Richtung zu machen".
Es sollte allgemein überlegt werden, ob gewisse Ehrenzeichen noch zeitgemäß seien, und das sei im Fall Titos sicher angebracht, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) und kündigte seine Zustimmung an. Aber man dürfe nicht einseitig sein. In vielen Gemeinden sei immer noch Benito Mussolini Ehrenbürger. Genauso sei zu sehen, dass auch Italien in Jugoslawien Kriegsverbrechen begangen habe. Er sei auch dafür, die faschistischen Ortsnamen zu beseitigen, die ein kultureller Genozid seien.
Alex Marini (Movimento 5 Stelle) wies darauf hin, dass es Mutmaßungen gebe, Titos Eltern stammten aus dem Trentino, wo der Name Broz heute noch vorkomme - aber Beweise gebe es keine. Dem sollte man genauer nachgehen. Knoll habe recht, wenn er die Überprüfung aller Ehrungen fordere. Es gebe immer noch Straßennamen, die an wichtige Faschisten erinnerten. Eine wissenschaftliche Recherche wäre wichtig, bevor man zu politischen Maßnahmen schreite.
Ugo Rossi (UpT) kündigte an, nicht für den Antrag zu stimmen. Nicht, weil er gegen das Anliegen sei. Es sei nicht Aufgabe der Region, die Rücknahme einer Ehrung zu verlangen, die vom Staatspräsidenten vorgenommen werde. Man sollte dem Präsidenten der Region diese Peinlichkeit ersparen. Sinnvoller wäre vielleicht eine Historikertagung zum Thema.
Lucia Coppola (Grüne) kündigte die Enthaltung ihrer Fraktion an. Die Initiative sei einseitig. Die deutschen, ungarischen und auch die italienischen Truppen hätten in Jugoslawien Kriegsverbrechen begangen. Länder wie Deutschland seien bei der Aufarbeitung ihrer Geschichte mutiger gewesen.
Man rede hier über einen Kommunisten, der Italiener umgebracht habe, weil sie Italiener waren, und drücke sich vor einer eindeutigen Stellungnahme, erklärte Marco Galateo (Fratelli d’Italia). Er erinnerte an das Massaker der Karsthöhlen, zu dem die Republik einen Gedenktag eingerichtet habe. Man könne sich in dieser Frage nicht der Stimme enthalten.
Auch Carlo Vettori (Forza Italia) kritisierte die Enthaltung. Knoll könne, wenn er wolle, selber eine Liste von Ehrungen vorschlagen, die zurückzunehmen wären. Tito habe das Massaker der Karsthöhlen gewollt, und es sei beschämend, dass man ihn zum Cavaliere ernannt habe.
Sven Knoll betonte, dass er dem Antrag zustimmen werde und dass er mit seiner Stellungnahme nichts relativieren wollte. Er wolle nur, dass man in alle Richtungen aktiv werde. Er erinnerte daran, dass das Parlament einen Gedenktag für eine Schlacht der Alpini in Russland im 2. Weltkrieg beschlossen habe. Die “Foibe” seien zu verurteilen, aber sie hatten auch eine Vorgeschichte. Er sei aber der Überzeugung, dass ein Diktator wie Tito keine Auszeichnung verdient habe. Unrecht, ob durch Kommunismus, Faschismus oder Nationalsozialismus, sei immer aufzuarbeiten und abzulehnen.
Mirko Bisesti (Lega Salvini Trentino) unterstützte den Antrag, begrüßte aber auch die Anregungen von Rossi und Marini für eine breitere Aufarbeitung.
Giorgio Tonini (PD) kündigte an, nicht für den Antrag zu stimmen. Das Problem sei nicht Tito, das Problem seien Staatspräsident Saragat und Ministerpräsident Rumor, die für die Ehrung verantwortlich seien. Der Antrag wolle praktisch ein politisches Urteil über die Regierung von damals. Rumor sei ein Christdemokrat gewesen, Saragat ein Sozialdemokrat, der aus dem PSI ausgetreten sei, um Degasperi beim Nato-Beitritt zu unterstützen. Der Cavaliere für Tito sei damals im Rahmen eines diplomatischen Geschenkeaustauschs erfolgt, um den Abschluss des Friedensvertrags zwischen Italien und Jugoslawien zu fördern.
Präsident Maurizio Fugatti kündigte im Namen der Regionalregierung die Zustimmung zum Antrag an.
Erstunterzeichner Giorgio Leonardi erinnerte daran, dass Ehrentitel wie der Cavaliere auch wegen einer strafrechtlichen Verurteilung entzogen würden.
Der Antrag wurde mit 34 Ja, 0 Nein und 2 Enthaltungen angenommen. 17 Abgeordnete nahmen an der Abstimmung nicht teil.
Nach einem Antrag auf Unterbrechung für eine Beratung unter den Mehrheitsfraktionen schloss Präsident Josef Noggler die Sitzung.
Der Regionalrat tritt am 14. und 15. Februar wieder zusammen.