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Regionalrat für barrierefreies Wählen
Gesetzentwurf Nr. 31: Änderungen zum Regionalgesetz Nr. 2 vom 3. Mai 2018 „Kodex der örtlichen Körperschaften der Autonomen Region Trentino-Südtirol“ mit nachfolgenden Änderungen und Bestimmungen, um den Gemeinden die Möglichkeit zu geben, den Drittstaatsangehörigen mit einer langfristigen Aufenthaltsberechtigung bei Volksabstimmungen auf Gemeindeebene das Wahlrecht einzuräumen (eingebracht von den Abg. Marini und Nicolini). Die Debatte dazu hatte bereits am Vormittag begonnen.
Alex Marini (Movimento 5 Stelle) bedauerte die negative Stellungnahme der Mehrheit. Unter der Regierung der Rechten sei es schwer, über die Rechte von Ausländern zu reden. Auch im Rat der Gemeinden habe sich keine Gemeinde für diese Rechte eingesetzt. Derzeit gebe es mehr Ausländer in Italien als Italiener in Ausland, dieser Entwicklung müsse man Rechnung tragen. Die meisten dieser Ausländer seien EU-Bürger. Die Italiener im Ausland dürften wählen, die Ausländer in Italien nicht.
Der Übergang zur Artikeldebatte - und mit ihm der Gesetzentwurf - wurde mit 21 Ja und 32 Nein abgelehnt.
Der Regionrat hat am Nachmittag die Debatte zum Beschlussantrag Nr. 45 wieder aufgenommen, eingebracht von den Abg. Foppa, Mair, Alex Ploner, Coppola, Dello Sbarba, Köllensperger, Leiter (Reber), Franz Ploner, Rieder, Staffler und Zanella, mit dem der Präsident des Regionalrates und das Präsidium verpflichtet werden sollen, das Wahlgesetz zwecks Gewährleistung eines barrierefreien Wählens abzuändern.
Dazu wurde eine neue Fassung des Antrags vorgelegt, unterzeichnet von Lorenzo Ossanna und Brigitte Foppa: Der Regionalrat beauftragt die Regionalregierung, die Regionalgesetze auf dem Sachgebiet der Wahlen und Volksabstimmungen in Bezug auf die Wahlhandlungen, deren Barrierefreiheit bzw. die bestehenden und zu überwindenden Hürden zu überprüfen und einen Bericht darüber vorzulegen. Der Regionalrat beauftragt seinen Präsidenten und das Präsidium, Anhörungen von Experten, Vereinigungen und Vertretungsorganisationen im Rahmen der zuständigen Gesetzgebungskommission einzuleiten, damit Anregungen und konkrete Vorschläge vorgebracht bzw. unterbreitet werden können.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) gab zu bedenken, dass so die Änderungen nicht für die nächsten Landtagswahlen greifen würden.
Präsident Josef Noggler erklärte, dass die neue Fassung des Antrags nur die Zuständigkeiten des Regionalrats betreffe, die Gemeindewahlen und -referenden. Für die Landtagswahlen seien die beiden Landtage zuständig.
Man sei immer zwischen zwei Wahlen, meinte Brigitte Foppa (Grüne).
Die neue Fassung sei der kleinste gemeinsame Nenner, meinte Alex Ploner (Team K), und das sei enttäuschend. Barrierefreie Wahlen seien eine Vorgabe der UN-Menschenrechtskonvention, dem müsse man nachkommen. Wenn man das ernst nehme, sei es bis zu den Landtagswahlen zu schaffen.
Alex Marini (Movimento 5 Stelle) stimmte dem zu. Man müsse bei den praktischen Problemen beginnen, und das könne man gleich tun. Die EU-Richtlinie verpflichte die Staaten, ihre Gesetzgebung dementsprechend anzupassen.
Ass. Lorenzo Ossanna kündigte die Zustimmung der Regionalregierung zum beschließenden Teil der neuen Fassung an.
Ulli Mair (Freiheitliche) kritisierte, dass sich die Mehrheit nicht dazu durchringen konnte, auch die Prämissen mitzutragen. Dieses Thema sollte allen am Herzen liegen.
Die Prämissen des Antrags wurden abgelehnt, der beschließende Teil wurde mit 58 Ja einstimmig angenommen.
Begehrensantrag Nr. 13, eingebracht von den Abg. Rieder, Alex Ploner, Franz Ploner, Köllensperger und Nicolini, um das italienische Parlament und die Regierung aufzufordern, gesetzlich aktiv zu werden, damit die Elternzeiten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst angeglichen und bestehende Unterschiede beseitigt werden.
“Die Elternzeit (und auch die Wartestände aus Erziehungsgründen) werden zwischen öffentlichem Dienst und der Privatwirtschaft unterschiedlich gehandhabt, was dem Umstand geschuldet ist, dass der Grad an organisatorischer Flexibilität eines öffentlichen Betriebs um ein Vielfaches höher ist als jener von Unternehmen der Privatwirtschaft, insbesondere von kleinen Unternehmen mit sehr wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ungefähr im niederen einstelligen Bereich, welche weit über 90 Prozent aller in Italien und Südtirol registrierten Unternehmen betreffen”, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). “Diese Schlechterstellung in der Privatwirtschaft trifft insbesondere das Berufsleben dieser Frauen und schränkt in Folge deren Möglichkeiten ihrer weiteren Entwicklung im Unternehmen bzw. in der jeweiligen Unternehmensbranche weiter ein. Zu oft überwiegen praktische Überlegungen und werden so nicht mehr den eigentlichen Fähigkeiten und Neigungen der Frau zum optimalen Einsatz und Fortkommen im Unternehmen oder in der Branche gerecht.” Aufgrund dieser Schlechterstellung in der Privatwirtschaft würden viele Frauen kündigen und nähmen dafür eine Arbeitslosenunterstützung in Anspruch.
Ein guter Mutterschutz führe zu mehr Kindern, meinte Hanspeter Staffler (Grüne), ein schlechter Mutterschutz und ein schlechtes Betreuungsangebot zu weniger Kindern.
Es sei ein wichtiges Thema, erklärte Gerhard Lanz (SVP), aber die Zuständigkeit liege bei den Sozialpartnern, und diese seien laut seiner Erfahrung nicht erfreut, wenn ihnen Lösungen von außen aufgedrängt würden. Für kleine Betriebe sei es z.B. ein Problem, wenn eine Fachkraft längere Zeit weg sei. Lanz präzisierte, dass kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe, wenn die Arbeitskraft kündige und dass das Arbeitslosengeld von einem geschlossenen System finanziert werde, von Betrieben und Mitarbeitern. Jeder Sektor müsse für sich entscheiden können, wie er das Thema handhabe.
Vizepräsident Arno Kompatscher kündigte das Nein der Regionalregierung an. Alle wären dafür, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Aber der Großteil der Forderungen des Antrags falle nicht einmal in die Zuständigkeit von Regierung und Parlament, sondern der Vertragspartner. Es sei ein Postulat, das man in Wahlzeiten gerne mache, und als solches würde es in Rom auch verstanden werden. Der öffentliche Dienst sei immer schon wegen der genannten Vorteile attraktiv gewesen, im Gegenzug könne er gewisse andere Vorteile, die es in der Privatwirtschaft gebe, nicht bieten. Davon abgesehen, ließen es die Staatsfinanzen derzeit nicht zu, eine solche Angleichung per Gesetz zu finanzieren. Solche allgemeinen Forderungen seien nicht seriös, sie würden die Situation nicht verbessern, man sollte stattdessen konkrete und umsetzbare Forderungen stellen.
Sie werde Kompatscher an seine Worte erinnern, wenn seine Fraktion im Landtag solche Vorschläge mache, erwiderte Maria Elisabeth Rieder. Man müsse alles tun, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, und die Angleichung der Elternzeiten sei ein Mittel dazu. Es sei sicher ein Thema der Sozialpartner, aber auch die Politik könne Inputs geben. Mit diesem Antrag wolle man ein Zeichen setzen.
Paul Köllensperger (Team K) wies darauf hin, dass nur der Senat ein Verfahren vorsieht, mit dem Begehrensanträge aus den Regionen behandelt werden, die Abgeordnetenkammer sehe gar nichts vor. Die SVP könnte ja ihre Parlamentarier beauftragen, diese Lücke zu schließen. Fortschrittliche Betriebe würden rechtzeitig mit ihren Mitarbeitern über eine Lösung für die Elternzeit sprechen. Eine gute Elternzeit sei für den ganzen Staat interessant, in einer Zeit, in der viele Jugendliche ins Ausland gingen und Arbeitskräfte knapp würden.
Helmuth Renzler (SVP) sprach sich für positive Lösungen in dieser Frage aus, aber dieser Antrag habe einige Schönheitsfehler. Viele Bedienstete des Staates und vormals staatlicher Einrichtungen hätten dieselbe Regelung wie in der Privatwirtschaft. Zurzeit liege in Rom ein Gesetzentwurf zum Thema auf, und die Regierung denke über eine Elternzeit von sechs Monaten nach. Die Regelung für den Landesdienst sei großzügiger als jene anderer Regionen und würde vom Staat nicht übernommen werden.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte die Zustimmung zum Antrag an. Auch das Land könnte, z.B. über die Beiträge, intervenieren, um eine Angleichung zu fördern. Laut einer jüngeren Umfrage in Österreich seien nur 7 Prozent der Arbeitnehmerinnen in Teilzeit, weil es zu wenige Kinderbetreuungsplätze gebe. 27 Prozent wollten keine Vollzeitanstellung. Daher müsse man sich neue Ansätze überlegen. Dringend anzugehen sei die Anerkennung der Erziehungs- und Pflegezeiten für die Rente.
Ugo Rossi (Unione per il Trentino) sah das Thema als wichtig und richtig an, auch wenn die römischen Schubladen bereits voll von Begehrensanträgen aus den Regionen seien. Südtirol und das Trentino lägen in den Geburtenstatistiken ganz oben in Italien, aber unterhalb des Niveaus in nordeuropäischen Ländern. Er wisse, dass die Zuständigkeit bei den Vertragspartnern liege, aber die öffentliche Hand könne einen Anschub geben.
Hanspeter Staffler (Grüne) plädierte dafür, trotz aller formellen Bedenken ein Zeichen nach Rom zu senden. Ein guter Mutterschutz und gute Betreuungsmöglichkeiten würden auch die Geburtenrate heben.
Es sei nicht so wichtig, ob Rom die Begehrensanträge ernst nehme, meinte Ulli Mair (Freiheitliche), es gehe darum, ob der Regionalrat die Bevölkerung ernst nehme. Der Regionalrat habe schon öfter, auch auf Initiative der SVP, Dinge beschlossen, die die Welt nicht direkt ändern.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) erklärte sich bereit, den Antrag zusammen mit anderen zu überarbeiten.
Das Gefälle zwischen Mann und Frau im Arbeitsleben sei offensichtlich, erklärte Alex Marini (Movimento 5 Stelle) und kündigte seine Zustimmung an. Die Regionalregierung solle sich einsetzen, dass die Begehrensanträge aus dem Regionalrat in Rom auch behandelt würden.
Der Antrag wurde mit 27 Ja und 30 Nein abgelehnt.