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Entscheidung zu Diätenanpassung noch offen
Am Nachmittag wurde die gemeinsame Behandlung der drei Gesetzentwürfe zur Inflationsanpassung der Diäten fortgesetzt:
Gesetzentwurf Nr. 16: Änderungen zum Regionalgesetz Nr. 6 vom 21. September 2012 „Wirtschaftliche Behandlung und Vorsorgeregelung für die Mitglieder des Regionalrates der Autonomen Region Trentino-Südtirol“ (eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Köllensperger, Rieder, Franz Ploner, Alex Ploner, Unterholzner, Faistnauer, Dello Sbarba, Foppa, Staffler, Ghezzi und Coppola). Der Gesetzentwurf sah ursprünglich eine Angleichung der Inflationsanpassung für die Abgeordnetendiäten an jene der öffentlichen Bediensteten vor. Im März 2023 wurde jedoch ein Änderungsantrag (Team K u.a.) vorgelegt, der sich auf eine Streichung der Inflationsanpassung beschränkt.
Gesetzentwurf Nr. 33: Änderungen zum Regionalgesetz Nr. 6 vom 21. September 2012 betreffend „Wirtschaftliche Behandlung und Vorsorgeregelung für die Mitglieder des Regionalrates der Autonomen Region Trentino-Südtirol“ mit nachfolgenden Änderungen (eingebracht vom Regionalratsabgeordneten Degasperi). Vorgesehene Maßnahme: Streichung der Inflationsanpassung.
Gesetzentwurf Nr. 44: Änderungen zum Regionalgesetz Nr. 6 vom 21. September 2012 (Wirtschaftliche Behandlung und Vorsorgeregelung für die Mitglieder des Regionalrates der autonomen Region Trentino-Südtirol) mit nachfolgenden Änderungen (eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Dello Sbarba, Foppa, Staffler, Zanella und Coppola). Vorgesehene Maßnahme: Streichung der Inflationsanpassung und Einbeziehung eines Bürgerrates bei der Festlegung der Mandatsentschädigungen.
Sie nehme dieses Thema sehr persönlich, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). Als sie 2014 gewählt worden sei, sei sie sehr stolz gewesen, aber gleich darauf sei der Leibrentenskandal geplatzt und seitdem zu einer ständigen Last geworden, zu einem Zaun zwischen Politikern und Bürgern. Wenn Schulklassen zu Besuch kämen, werde man immer gefragt: “Wie viel verdient ihr?” Hier sei ein vergiftetes Terrain zu sanieren, und das könne man nur im Einvernehmen machen, untereinander und mit den Bürgern. Dazu müssten alle Maßnahmen abgeschafft werden, die gegenüber den Bürgern eine Ungleichbehandlung seien, angefangen bei der automatischen Inflationsanpassung. Die Bürger seien nicht gegen eine ordentliche Bezahlung der Politiker, sie wollten aber keine Privilegien.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) appellierte an die Bevölkerung, nicht alles zu glauben, was zu den Politikergehältern gesagt werde. Er sei für eine transparente Regelung, in dieser Debatte hingegen werde vieles unterschlagen, etwa die Ungleichbehandlung zwischen Abgeordneten aus der Privatwirtschaft und jenen aus dem öffentlichen Dienst. Eine Inflationsanpassung wäre in Ordnung, wenn sie auch für die Bürger gelten würde. Eine transparente Regelung müsse auch die unterschiedlichen Voraussetzungen der einzelnen Abgeordneten - etwa die Entfernung vom Wohnsitz - berücksichtigen. Gleichzeitig brauche es aber auch eine transparente Parteienfinanzierung, derzeit funktioniere sie indirekt und versteckt. Eine Lösung habe man nur, wenn man all diese Aspekte berücksichtige. Aber derzeit spiele man das Spiel “Wer ist billiger?” Manche Medien würden nicht zwischen Brutto und Netto unterscheiden, sodass bei den Bürgern das Bild bleibe, die Abgeordneten verdienten 10-12.000 Euro netto im Monat. Knoll sprach sich dafür aus, die Zuständigkeit für Diäten und Renten auf die Landtage zu übertragen. Demokratie koste, und die Abgeordneten sollten ein normales Gehalt verdienen, aber es brauche eine transparente Lösung, wenn die Politik das Vertrauen der Bürger wieder erlangen wolle.
Marco Galateo (Fratelli d’Italia) stimmte Knoll in den meisten Dingen zu, nicht aber bei der Übertragung der Zuständigkeiten an die Landtage. Er spüre in dieser Debatte viel Scheinheiligkeit und Propaganda. Der Respekt vor den Institutionen hänge auch von dem Respekt vor der Politik ab, und daran müsse man arbeiten. Die Politik sei ein harter Job, man arbeite oft 24 Stunden, und wenn ein Arzt oder ein Rechtsanwalt nicht ordentlich arbeiten, kürze man auch nicht der ganzen Kategorie das Gehalt. Die Inflationsanpassung sei nicht vom Himmel gefallen, und wer heute in der Opposition sei, habe früher nicht alles Mögliche dagegen unternommen. Dieses Thema sei gleich zu Beginn der nächsten Legislatur anzugehen.
Wenn es die automatische Inflationsanpassung nicht für alle gebe, so dürfe sie auch den Politikern nicht zugestanden werden, meinte Diego Nicolini (Movimento 5 Stelle). Die Abschaffung dieser Regelung sei das Mindeste. Auch die Polizei arbeite 24 Stunden und habe nicht dasselbe Gehalt wie die Politik. Die Leute würden die Abschaffung der Inflationsanpassung begrüßen, aber reichen würde ihnen das noch lange nicht.
Marco Galateo, der sich angesprochen fühlte, erwiderte, dass die 5 Stelle bis vor kurzem an der Regierung gewesen seien und nichts in dieser Sache unternommen hätten.
Giorgio Tonini (PD) kündigte seine Zustimmung zu den drei Gesetzentwürfen an, auch wenn sie wahrscheinlich abgelehnt würden. Er wies darauf hin, dass die Einfrierung der Pensionen von 1.500 Euro für die Bürger, die von der Regierung Monti beschlossen wurde, nun von der Regierung Meloni fortgeschrieben werde. Die Einfrierung der Leibrenten sei auch keine Lösung, man müsse die Anpassung der Diäten und Renten der Abgeordneten jener für die Bürger anpassen. Das wäre einfach. Das, was den Lohnabhängigen in der Region in den letzten fünf Jahren durchschnittlich an Inflationsanpassung zugestanden wurde, sollte auch für die Politiker gelten.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) verwies auf die Arbeiten des Sonderausschusses im Südtiroler Landtag, der sich monatelang mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Derzeit gebe es auch ein Gefälle zwischen Lohnabhängigen und Selbständigen in der Politik. Er könne dem Vorschlag Toninis durchaus etwas abgewinnen. Auch der Gesetzentwurf Nogglers habe einige Punkte enthalten, auf die man aufbauen könne. Die Neuregelung sollte von den neuen Abgeordneten gleich nach der Wahl angegangen werden.
Auch Ugo Rossi (UPT) unterstützte den Vorschlag Toninis sowie die drei Gesetzentwürfe. Er verstehe das Unbehagen Foppas, glaube aber auch, dass es möglich sei, den Bürgern das Vergütungssystem der Politik zu erklären. Man müsse auch sehen, dass es einen Abbau von Privilegien gegeben habe, bei den Diäten wie bei den Renten. Dazu gehöre auch die Reform, die er und Kompatscher seinerzeit vorangebracht hätten. Beim gegenseitigen Unterbieten gingen solche Fortschritte oft unter und die Kluft zwischen Politik und Bürgern werde breiter. Er halte den Vorschlag Toninis für die beste Lösung, die drei Gesetzentwürfe nur für die zweitbeste.
Man habe in dieser Debatte viele Unwahrheiten und Halbwahrheiten gehört, kritisierte Helmuth Renzler (SVP). Die gleitende Lohnskala, deren inflationstreibende Wirkung immer noch nicht beweisen sei, sei 1992 abgeschafft worden, dass die Kollektivvertragsverhandlungen innerhalb sechs Monaten abgeschlossen würden - was seitdem nie passiert sei. Die Inflationsanpassung der Renten werde jährlich mit Regierungsbeschluss vorgenommen. Tonini fordere für die Politiker dieselbe Inflationsanpassung wie für die Bürger. Ideal wäre die umgekehrte Anpassung. Wenn man glaubhaft bleiben wolle, müsse man bei der Anpassung der Diäten entweder das bestehende Gesetz einhalten oder es abschaffen. Man sollte sich nur nicht bei der Wahlpropaganda nach bestimmten Medien richten.
Die Verfassung schreibe eine Festlegung der Abgeordnetendiäten per Gesetz vor, erklärte Alex Marini (5 Stelle), eine automatische Anpassung sei nicht vorgesehen, daher müsse die Entschädigung von Fall zu Fall neu festgelegt werden. Der Vorschlag der Grünen, die Einbeziehung der Bürger, sei für ihn der interessanteste und der geeignetste, um das Vertrauen der Bürger wiederzuerlangen. In der Schweiz gebe es das. In Kalifornien lege eine Bürgerkommission die Diäten fest, und diese würden nicht erhöht, wenn der Staatshaushalt ein Defizit aufweise.
Hanspeter Staffler (Grüne) freute sich über die Ausführungen Marinis. Die Bürger, die unter der Inflation zu leiden hätten, hätten kein Verständnis für die automatische Inflationsanpassung der Diäten. In den letzten zehn Jahren habe es einen Reallohnverlust bis zu 20 Prozent gegeben. Es wäre sinnvoll die Inflationsanpassung der Diäten an jene im öffentlichen Dienst zu koppeln, aber die Fachleute seien dagegen, da dies auch eine Art Automatismus wäre. Der Weg der eigenverantwortlichen Anpassung sei der richtige, man wolle ihn aber vermeiden, weil er auch parteipolitisch missbraucht werden könne. Die dritte Lösung sei, die Diäten nicht anzupassen. Die beste Lösung wäre, die Entscheidung dem Volk zu überlassen, das würde auch Vertrauen schaffen.
Paul Köllensperger (Team K) stellte fest, dass alle für die Abschaffung der automatischen Anpassung seien, aber von der Mehrheit habe sich niemand zu den drei Gesetzentwürfen geäußert, obwohl bereits seit Jahren Gelegenheit dazu bestanden hätte. Wenn man die Entscheidung den neuen Abgeordneten überlasse, trete als erstes nach den Wahlen die automatische Erhöhung in Kraft. Welche Anpassung vertretbar sei, für diese Entscheidung könne man sich Zeit lassen. Wichtig sei es, heute den Automatismus zu unterbrechen. Der Entwurf Nogglers habe tief in die Trickkiste gegriffen, er hätte ein Privileg abgeschafft, aber ein neues eingeführt, die Steuerbefreiung. Eine Inflationsanpassung sei an sich in Ordnung, aber erst, wenn man jene für die Arbeitnehmer vorgenommen habe. Köllensperger ersuchte schließlich um namentliche Abstimmung.
Magdalena Amhof (SVP) erinnerte an den Entwurf Nogglers, der die - seinerzeit von allen mitgetragene - Inflationsanpassung abgeschafft und eine Gesamtreform gebracht hätte. Das sei nicht gelungen, auch, weil man bereits im Wahlkampf sei. Sie griff Köllenspergers Vorschlag auf, zuerst die Inflationsanpassung bei den Tarifverträgen vorzunehmen. Sie schlug vor, die drei Gesetzentwürfe zurückzuziehen. Die neuen Abgeordneten sollten gleich zu Beginn über eine umfassende Lösung diskutieren, die einen breiten Konsens habe.
Ulli Mair (Freiheitliche) erinnerte wie Foppa an die Situation nach den Wahlen 2013, als der Leibrentenskandal ausgebrochen sei. Man habe bei der damaligen Reform zu wenig hingeschaut. Sie habe sich geschworen, dass so etwas nie wieder passieren werde. Sie wäre auch dafür, dass die Materie von den beiden Landtagen geregelt würde, ebenso sollte man offen über eine Parteienfinanzierung reden. Heute aber gehe es um ein Signal, um die Abschaffung eines Privilegs. Das sei man den Menschen draußen, aber auch den neuen Abgeordneten schuldig. Andere Aspekte der Reform werde man in dieser Legislatur nicht mehr schaffen.
Hanspeter Staffler plädierte dafür, innezuhalten und eine gemeinsame Lösung zu finden. Alle seien gegen die automatische Inflationsanpassung, es wäre also möglich, gemeinsam einen Ausweg aus dieser Sackgasse zu finden. Mit einer Verschiebung auf die nächste Legislatur werde es nicht besser. Wenn der Mehrheit die drei Gesetzentwürfe nicht passten, dann solle man eben gemeinsam einen vierten erarbeiten.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) hielt es für keine gute Lösung, die drei Entwürfe nun zurückzuziehen. Sie plädierte dafür, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen.
Regionalratspräsident Josef Noggler wollte aus Gründen der Transparenz festhalten, dass der Gesetzentwurf des Team K nicht nur eine Streichung der Inflationsanpassung, sondern auch eine Verringerung der Amtsentschädigung um mehr als 700 Euro mit sich bringen würde. Das hätte man den Abgeordneten auch offen kommunizieren sollen.
Damit war die heutige Sitzung beendet. Die Replik der Einbringer der drei Gesetzentwürfe ist auf die Mai-Sitzung vertagt.