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Pressemitteilungen

Debatte um Frauenquote in Regionalregierung geht weiter

Weitere Behandlung nach langer Debatte vertagt. Befürworter und Gegner in der Opposition wie in der Mehrheit.

Das Plenum hat am Nachmittag die Debatte zum Gesetzentwurf Nr. 1: „Frauen in die Regio­nalregierung” – Änderung des Regional­gesetzes Nr. 25 vom 20. August 1952 (Wahl der Organe der Region und der Provinzen Trient und Bozen) in geltender Fassung - wieder aufgenommen. Der Entwurf wurde eingebracht von den Abg. Foppa, Rohrer, Coppola und Oberkofler, am 14. Februar 2024 von den Abg. Rieder, Demagri, Maule, Calzà, Stanchina, Ploner Alex, Köllensperger, Malfer, Maestri, Parolari, Franzoia, Ploner Franz, Manica, de Bertolini, Repetto, Valduga und Zanella und am 18. Juni 2024 von den Abg. Stauder, Achammer, Alfreider, Amhof, Brunner, Deeg, Kompatscher, Locher, Messner, Noggler, Pamer, Schuler und Walcher mitunterzeichnet.

Die Verfassung sehe den gleichberechtigten Zugang zu den höchsten Ämtern vor, bemerkte Lucia Coppola (Grüne), und dieser Gesetzentwurf wolle dies für die Regionalregierung umsetzen. Wenn im Trentiner Landtag 14 Frauen säßen, so sei dies auch dem Wahlgesetz mit den doppelten Vorzugsstimmen geschuldet. 
In dieser Debatte werde der Eindruck vermittelt, dass Frauenthemen nur von Frauen vorangebracht werden könnten, kritisierte Sven Knoll (Süd Tiroler Freiheit). Niemand sei nur von Frauen oder nur von Männern gewählt worden, niemand der Gewählten werde sich nur um Frauen- bzw. nur um Männerthemen kümmern. Natürlich hätten Frauen das Recht, sich politisch zu engagieren, aber dies müsse nicht gesetzlich geregelt werden. Die wesentlichen Probleme der Frauen seien nicht die Quoten. Quoten führten zu Ungleichbehandlung, in diesem Fall bei Kandidaturen.

Zeno Oberkofler (Grüne) zeigte wenig Verständnis für die Argumentation Knolls. Frauen seien unterrepräsentiert, darum würden ihre spezifischen Anliegen auch von der Politik zu wenig berücksichtigt. Es gehe nicht darum, dass Frauen sich nur um Frauenthemen kümmerten, sondern darum, dass auch die Sichtweise der Frauen zu den anliegenden Themen berücksichtigt wird. Der Gesetzentwurf verlange die Präsenz von mindestens einer Frau in der Regionalregierung, das Mindeste, was man fordern könne.
Anstoß für diesen Gesetzentwurf sei etwas, was viele Frauen empört habe, die Wahl dieser Regionalregierung, erklärte Chiara Maule (Campobase). Frauen und Männer sollten dieselben Chancen haben, aber Politik und viele Berufe seien noch Männerdomäne. Bei der Frauenpräsenz in den institutionellen Organen sei nicht nur der weibliche Anteil zu betrachten, sondern auch das “spezifische Gewicht” des jeweiligen Amtes - Männer hätten nicht nur mehr, sondern auch die gewichtigeren Ämter.
Laut Michela Calzà (PD) markiere das Gesetz einen Wandel, auch wenn die Bestimmung erst mit der nächsten Legislatur greifen werde. Es sei auffällig, dass Spitzenpolitikerinnen von Mitte-Rechts die männliche Bezeichnung ihres Amtes bevorzugten; das gehe in die falsche Richtung, denn auch Worte seien wichtig, wenn die Frauen vertreten sein wollten. Italien sei bei der weiblichen Präsenz in den Verwaltungsräten im Spitzenfeld, aber nur, weil es Vorschriften und Sanktionen gebe. Die hohe Frauenpräsenz im Trentiner Landtag sei auch nur durch ein Wahlgesetz erreicht worden.
Francesca Gerosa (Fratelli d’Italia) wies auf die unterschiedlichen Wahlgesetze in Südtirol und im Trentino hin. In Südtirol gebe es keine doppelte Vorzugsstimme, die mehr Frauen in den Landtag bringe, daher sei es eigenartig, wenn jemand aus Südtirol den Trentinern sagen wolle, was sich gehöre. Alle sollten frei entscheiden können, wen sie wählen. Eine Frauenquote für die Regionalregierung sei das undemokratischste, was sie sich vorstellen könne. Dieses Gesetz schaffe ein Frauenghetto.
Francesca Parolari (PD) zeigte sich empört, dass eine Landeshauptmannstellvertreterin mit Zuständigkeit für Chancengleichheit so rede. Es gehe bei diesem Gesetz um faire Startmöglichkeiten, nicht um die Besetzung von Ämtern ohne Rücksicht auf Fähigkeiten. Frauen seien in der Politik weniger engagiert, weil sie die Politik als Männerdomäne erlebten.
Die Südtiroler seien schon wegen des Proporzes an Quoten gewohnt, bemerkte Madeleine Rohrer (Grüne). Frauen seien in der Politik eine Minderheit, weil sie im politischen Wettbewerb, auch durch ihren Zusatzaufwand für Erziehung, Pflege usw., benachteiligt seien.
Lucia Coppola (Grüne) wandte sich gegen die Äußerungen Gerosas. Frauen seien keine Berufskategorie oder Interessengruppe. Eine ausgewogene Beteiligung von Frauen bringe auch mehr Qualität, wie Studien belegten, Frauen würden z.B. zu mehr sozialem Ausgleich und zu mehr Investition in Bildung tendieren, sie seien auch nicht so machtbesessen.
Wenn einmal nur Frauen wählen dürften, wäre dieses Thema vom Tisch, meinte Jürgen Wirth Anderlan (JWA+Vita). Frauen hätten andere Sorgen, z.B. die Sicherheit auf öffentlichen Plätzen. Quoten seien diskriminierend.
Ulli Mair (Gemischte Fraktion) kündigte ihre Gegenstimme zum Gesetz an. Man sollte auch bei diesem Thema nicht von “den Frauen” reden, denn die Frauen würden nicht alle gleich denken. Sie sei immer gegen gesetzliche Frauenquoten gewesen, denn diese würden den Frauen letztendlich nichts nützen, sondern ihnen oft auch im Wege stehen. Sie habe absolut nichts gegen Frauen in der Regionalregierung, aber dies müsse über Bewusstseinsbildung geschehen. Frauen seien die Hälfte der Bevölkerung, daher sollte man sie nicht mit einer ethnischen Minderheit vergleichen.
Anna Scarafoni (Fratelli d’Italia) sah das politische Engagement der Frauen als Bereicherung. Junge Frauen würden sich kaum politisch engagieren, aber immerhin gebe es in Italien über 350.000 Influencerinnen. Diese Art von Engagement liege ihnen mehr. Italien habe derzeit eine Frau an der Regierung, aber auch das passe einer gewissen politischen Seite nicht.
Antonella Brunet (Noi Trentino per Fugatti presidente) war der Meinung, dass dieser Gesetzentwurf eine Aufwertung der Frauen in der Politik ermögliche. Es brauche einen Gesinnungswandel, und dies sei ein Schritt in diese Richtung.
Ohne Quote sei sie nie gefragt worden, zu kandidieren, erklärte Rosmarie Pamer (SVP) aufgrund ihrer Erfahrung von 30 Jahren in der Politik. Die Rahmenbedingungen der Politik - die Sitzungszeiten, der Einstieg über Vereine usw. - seien für Frauen nicht vorteilhaft. Frauen seien in vielen Bereichen unterrepräsentiert, und diese Schieflage würden sie täglich bemerken. Wenn Frauen entschieden hätten, gäbe es z.B. nicht ein solches Rentensystem, das Frauen benachteilige.
Vanessa Masè (La Civica) kündigte Stimmenthaltung an. Die Debatte um die Bildung der Regionalregierung sei unangenehm gewesen, aber diese Gesetz könnte noch größere Probleme für die Regierbarkeit schaffen.
Andrea de Bertolini (PD) zitierte aus der Verfassung, die uns die Beseitigung der Hindernisse für die Chancengleichheit auferlege. Wenn man nichts unternehme, halte die Schieflage weiter an.

Präsident Roberto Paccher erklärte die Sitzung wie vorgesehen um 17.30 Uhr für beendet und vertagte die Fortsetzung der Debatte zum Gesetzentwurf auf die nächste Sitzung.

Videoaufnahmen von der Sitzung:
https://we.tl/t-BcFxkcfbui